User:RobinLeicester/sandbox: Difference between revisions
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Das Bodendenkmal 4/06 umfasst das im Boden unter dem heutigen |
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Stadtteil Neuss-Gnadental noch weitgehend erhaltene römische |
Stadtteil Neuss-Gnadental noch weitgehend erhaltene römische |
Revision as of 22:30, 2 September 2024
Das Bodendenkmal 4/06 umfasst das im Boden unter dem heutigen Stadtteil Neuss-Gnadental noch weitgehend erhaltene römische Legionslager Novaesium des 1. Jahrhunderts n. Chr. mit seiner Umwehrung sowie das nach der Aufgabe des Legionslagers in seinem Areal erbaute kleinere Auxiliarlager für Hilfstruppen (auxilia) des 2. bis 4. Jahrhunderts mit den Umwehrungen und der Innenbebauung (Lageplan u. Abb. 1). Vor allem durch die Ausgrabungen Constantin Koenens Ende des 19. Jahrhunderts sind sowohl die Grundrisse wie auch die Umwehrungen und die Innenbebauung in Grundzügen bekannt. Wenige hundert Meter nordwestlich befanden sich die frühen römischen Militärlager, die vom letzten Drittel des ersten vorchristlichen Jahrhunderts bis zum ersten Drittel des ersten nachchristlichen Jahrhunderts datieren und nicht Bestandteil dieses Bodendenkmals sind. Geschichte der (archäologischen) Erforschung Der römische Truppenplatz Novaesium ist aus der historischen Überlieferung bekannt: Tacitus erwähnt in seinen Annalen den Namen Novaesium in Zusammenhang mit dem Bataveraufstand von 69–70 n. Chr. (Tac. Historien IV, 12-79). Außerdem wird der Ort Novaesium im römischen Straßenverzeichnis Itinerarium provinciarum Antonini Augusti erwähnt (Itin. Ant. 255, 2 und 370, 5) und ist auf der Tabula Peutingeriana (Segm II.5), einer mittelalterlichen Kopie einer römischen Straßenkarte, verzeichnet. Beide gehen wohl auf das 3. Jahrhundert n. Chr. zurück. Schon seit dem 17. Jahrhundert wurden zufällig zu Tage gekommene römische Funde mit dem aus Schriftquellen bekannten Novaesium in Verbindung gebracht, allerdings vermutete man den Truppenplatz unter der heutigen Innenstadt (vgl. Pause 2012). Erst der Neusser Archäologe Constantin Koenen verortete aufgrund von Geländebegehungen und einer Versuchsgrabung im Jahr 1887 die Lage der Militäranlagen richtig unter dem heutigen Stadtteil Gnadental. Das Gelände war zu Koenens Zeit noch weitgehend unbebaut und wurde ganz überwiegend agrarisch genutzt. Denkmalliste der Stadt Neuss Teil B - Bodendenkmäler Lfd. Nr. 04/06 04/06 Seite 1
Kurzbezeichnung des Bodendenkmals Lagekennzeichnung des Bodendenkmals Römisches Legionslager Novaesium und römisches Auxiliarlager Neuss-Gnadental, vgl. Plan S. 16 Gemarkung: Neuss, Flur 21, Flurstücke vgl. Anhang S. 17 Darstellung der wesentlichen charakteristischen Merkmale des Bodendenkmals Im Auftrag des damaligen Bonner Provinzialmuseums legte er in langjährigen Ausgrabungen von 1887 bis 1900 das nach ihm auch als Koenenlager bekannte römische Legionslager Novaesium in seiner ganzen Ausdehnung frei. Seine Grabungen umfassten auch das auf dem Gelände des Legionslagers angelegte, kleinere und jüngere Auxiliarlager. Dabei setzte er in der Ausgrabungstechnik neue Maßstäbe und publizierte seine Ergebnisse schon im Jahr 1904 in den Bonner Jahrbüchern (Koenen 1904) (Abb. 2-5). Es gelang Koenen, einen fast vollständigen Grundriss des Legionslagers Novaesium zu erarbeiten, der auch heute noch als international zitiertes Beispiel eines römischen Legionslagers eine überaus große Bedeutung hat. Sein Lagerplan kann heute allerdings nur als „Ruinenplan“ aufgefasst werden, denn Koenen stellte alle Bauphasen des Legionslagers ungetrennt in einem zusammenfassenden Plan dar, der auch die Umwehrung des Auxiliarlagers, das ungefähr in der Mitte des Legionslagers lag, zeigt. Zu beachten ist, dass nahezu keine inneren Strukturen des Auxiliarlagers erkannt und dargestellt wurden. Das Areal des Koenenlagers wurde von den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts an mit dem neuen Stadtteil Gnadental überbaut. Archäologische Untersuchungen fanden in Zusammenhang mit den dortigen Bauvorhaben statt. Der Schwerpunkt der Forschung verlagerte sich auf die frühen Lager von Novaesium (Gechter 2007). Im Jahr 1984, dem angenommenen 2000-jährigen Bestehen von Neuss/Novaesium seit der Errichtung des frühesten römischen Lagers, wurde von der Stadt Neuss eine zusammenfassende Darstellung des „römischen Neuss“ herausgebracht, die neben dem römischen Militärstandort Neuss auch andere Aspekte des römischen Lebens umfasste sowie die Forschungsgeschichte thematisierte (Chantraine u. a. 1984). Zur gleichen Zeit wurde ein archäologischer Pfad entlang der Kölner Straße im Areal des römischen Legionslagers eingerichtet, der bis heute einige Repliken und eine Informationstafel zum römischen Neuss zeigt. Seit einigen Jahren rücken alle römischen Bodendenkmäler in Neuss erneut in den Fokus der Forschung und der Öffentlichkeit. So wird die Stadt Neuss der Bedeutung der römischen Militärlager in Neuss durch neue bauliche Maßnahmen zu ihrer Erlebbarmachung im Stadtbild Rechnung tragen. Einen neuen Blick auf die Baustrukturen und die Erhaltung des Koenenlagers und des Auxiliarlagers ermöglicht Steve Bödecker, der die Bauten von Koenenlager und Auxiliarlager so weit wie zur Zeit möglich trennt und die weitgehende Erhaltung der Lager im Boden aufzeigt (Bödecker 2011). Denkmalliste der Stadt Neuss Teil B - Bodendenkmäler Lfd. Nr. 04/06 Seite 2
Der heutige Forschungsstand wird in den Publikationen „Der Limes in Novaesium – Vom Leben an der römischen Grenze“ und „Römer zum Anfassen. Mythos und Fakten“ zusammengefasst, die anlässlich der gleichnamigen Ausstellungen im Clemens Sels Museum Neuss 2016 und 2018 von Carl Pause herausgegeben wurden (Pause 2016; Pause 2018). Eine moderne Bearbeitung der Ausgrabungsergebnisse Koenens fehlt bis heute ebenso wie die wissenschaftliche Aufarbeitung der zahlreichen kleineren archäologischen Ausgrabungen im Legionsareal seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Erste Ergebnisse der Neubearbeitung zur porta praetoria und zur Lagerumwehrung des Legionslagers, die Andreas Wegert in einem Dissertationsprojekt des Archäologischen Instituts der Universität Köln erarbeitete, machen deutlich, welches wissenschaftliche Potential in der (Neu-) Bearbeitung der Ausgrabungsergebnisse steckt (Wegert 2016; Wegert 2018). Denkmalbeschreibung Lage Das Legionslager Novaesium des 1. Jahrhunderts mit dem Auxiliarlager liegt im nordwestlichen Winkel zwischen heutiger Erftmündung und heutigem Bett des Rheins auf der hochwasserfreien Niederterrasse bei ca. 40 m NHN wenige 100 m von dem Areal der frühen Lager entfernt. Die Lager waren Teil des Niedergermanischen Limes, der „nassen Grenze“ des Römischen Reiches, die hier durch den Rhein gebildet wurde. Die Rheingrenze wurde durch eine Reihe von Militärstandorten gesichert, die durch die Limesstraße, eine römische Fernstraße, die am linken Rheinufer verlief, verbunden waren. Diese Straße überquerte in unmittelbarer Nähe zu den Militärlagern die Erft und bis in die Zeit C. Koenens Ende des 19. Jahrhunderts waren Reste einer römischen Steinbrücke über die Erft nahe ihrer Mündung in den Rhein erhalten. Der Platz des Militärstandorts wurde für die frühen Militärlager von Neuss in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. während der römischen Feldzüge zur Eroberung Germaniens vermutlich wegen der Verkehrsgunst auch in Hinblick auf rechtsrheinische Wegeverbindungen gewählt. Hier stieß die von Südwest nach Nordost verlaufende römische Wegeführung von Trier kommend auf den Rhein und hier bot sich die Möglichkeit, die Erft und den Rhein zu überqueren und den Anschluss an das rechtsrheinische Wegesystem zu finden. Denkmalliste der Stadt Neuss Teil B - Bodendenkmäler Lfd. Nr. 04/06 Seite 3
In der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts nach Christus wurden die frühen Lager aufgegeben und auf einem hochwasserfreien Plateau neben dem sumpfigen Gelände des Meertals und über dem Rhein- und Erftufer das hier behandelte Legionslager des 1. Jahrhunderts und später im 2. Jahrhundert auf seinem Areal das kleinere Auxiliarlager errichtet. Hierfür mussten Teile der canabae, des Lagerdorfes, und Gräber der frühen Lager planiert werden. Selbstverständlich spielte auch die Lage an der Hauptverkehrsader, dem Rhein, eine kaum zu überschätzende Rolle und ein Rheinhafen kann für die römische Zeit vorausgesetzt werden. Die Überlegungen zur Lage der Militärplätze müssen die Verlagerung der Flussläufe und Wasserstände seit römischer Zeit berücksichtigen: So sind weder der Verlauf des Rheins noch der Verlauf der Erft mit den entsprechenden Wasserständen in römischer Zeit sicher zu verorten. Im Mittelalter mündete die Erft erst in Höhe der heutigen Innenstadt von Neuss in den Rhein. Die heutige Topographie an der Erftmündung beruht in großen Teilen auf Überformungen im 16. Jahrhundert während des Truchsessischen Krieges (1582-1592) und Anfang des 19. Jahrhunderts im Zuge des Baus des Nordkanals, mit dem Napoleon I. eine Verbindung zwischen Rhein und Maas schaffen wollte. Hierfür wurde die nordwestlich an das Legionslager anschließende Kanaltrasse angelegt. Mit der Eintiefung des heutigen Sporthafens wurde die ursprüngliche Morphologie weiter verändert. Dies hat das Areal vor der Nordwestseite des Koenenlagers mit dem dort bislang nur vermuteten römischen Hafen sowie der dortigen Wegeführung seit römischer Zeit stark umgebildet. Grundzüge des Belegungsablaufs und des Aufbaus des Legionslagers und des Auxiliarlagers Die historische Forschung (zusammenfassend in Rüger 1984) kann für einen Teil der 30er und 40er Jahre des 1. Jahrhunderts n. Chr. die legio XX Valeria victrix in Novaesium lokalisieren, bis diese im Jahr 43 für den Britannien-Feldzug des Kaisers Claudius nach Großbritannien verlegt wurde. In Novaesium lag dann die legio XVI Gallica, die von Mogontiacum (Mainz) nach Novaesium kam, bis sie nach dem Bataveraufstand von Kaiser Vespasian aufgelöst wurde. Im Bataveraufstand führte der batavische Adelige Iulius Civilis in den Wirren nach dem Tod Neros im Jahr 69 n. Chr. batavische Auxiliartruppen sowie gallische und germanische Verbündete gegen die römische Herrschaft und nahm zahlreiche Militärplätze am Niederrhein ein. Tacitus berichtet, dass alle niederrheinischen Lager im Zuge des Aufstands verbrannt worden seien, ohne jedoch Novaesium namentlich zu nennen. Er schreibt außerdem, dass die legio XVI Gallica, die in Novaesium stationiert war, das Legionslager kampflos den Denkmalliste der Stadt Neuss
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Aufständischen übergab. Deshalb wurde diese Legion nach dem Sieg Vespasians über die Aufständischen im Jahr 70 aufgelöst. (Tac. Historien IV, 12-79) In das Lager Novaesium kam dann die legio VI victrix, die an den Kämpfen gegen Julius Civilis siegreich beteiligt gewesen war. Die legio VI victrix wechselte spätestens im Jahr 104 n. Chr. nach Xanten (Vetera II), der Legionsstandort Novaesium wurde aufgegeben. In Novaesium wurde in der Folge ein Auxiliarlager eingerichtet, in dem zum Grenzschutz Hilfstruppen (auxilia) stationiert waren. Während der Legion ungefähr 6000 Soldaten mit römischem Bürgerrecht angehörten, setzten sich die Hilfstruppen aus freien Angehörigen unterworfener Völker zusammen, die nach 25-jähriger Dienstzeit das römische Bürgerrecht erwerben konnten. Die Hilfstruppen hatten eine Sollstärke von ca. 480 bis 1000 Soldaten (allg. z. B. Fischer 2012, 24ff.) Die in Novaesium anwesenden Hilfstruppen sind weniger gut als die Legionen belegt: Möglicherweise waren die cohors III Lusitanorum, eine Infanterieeinheit, die ursprünglich aus dem heutigen Portugal stammte, oder die ala Parthorum, eine Reitereinheit ursprünglich aus Parthien im heutigen Rumänien, als Hilfstruppen im Legionslager des 1. Jahrhunderts stationiert. Im 2. Jahrhundert gibt es für das Auxiliarlager Hinweise auf die Anwesenheit der ala Afrorum veterana, einer Reitertruppe, die ursprünglich aus Afrika stammte, der aber später auch Hilfstruppen aus den Nordwestprovinzen angehörten (Bödecker 2016, 44). Die archäologische Erforschung von Legionslager und Auxiliarlager fußt bis heute auf den Ausgrabungen Constantin Koenens Ende des 19. Jahrhunderts. Sein Lagerplan (Abb. 2) beruht allerdings auf der künstlichen Zusammenschau aller in Stein fundamentierten Gebäude und der Steinbauphasen der Lagerumwehrung des Legionslagers und gibt zugleich auch die archäologischen Überreste des jüngeren Auxiliarlagers wieder. Der Bau des Auxiliarlagers hatte schon in römischer Zeit die Gebäude im zentralen Bereich des Legionslagers stark gestört. Dem Lagerplan Koenens liegt so eine künstliche Einheitlichkeit zu Grunde, die überwiegend der Ausgrabungstechnik des späten 19. Jahrhundert geschuldet ist. Diese, obwohl sie für die damalige Zeit wegweisend war und als Pioniertat eingestuft werden muss, kann heutigen Ansprüchen nicht genügen. Im Jahr 2011 stellte Steve Bödecker den Gesamtplan von Koenen übersichtlich dar und machte deutlich, welche Befunde tatsächlich von Koenen dokumentiert und welche lediglich ergänzt worden waren. Er trennte darüber hinaus den Bauzustand der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts, d. h. der entwickelten Steinbauphase des Legionslagers, von dem Bauzustand des jüngeren Auxiliarlagers des 2. bis 4. Jahrhunderts (Abb. 6 - 8) (Bödecker 2011). Denkmalliste der Stadt Neuss
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Im Legionslager ging der Steinbauphase eine Bauphase voraus, in der als Baumaterial vor allem Holz, Lehm und Erde genutzt worden waren und die schon Koenen in wenigen archäologischen Aufschlüssen vor allem an der Lagerumwehrung dokumentiert hatte (vgl. unten). Im Lagerinnern sind Spuren der Holzbauten bisher nur am Magazingebäude Nummer 53, am linken Lagertor gelegen, ausgegraben und publiziert worden (Abb. 9) (vgl. A. Wegert 2016, Abb. S. 33; Müller 1984, 59ff., Abb. 35). Nach neuen Erkenntnissen begann die Holzbauphase schon in den dreißiger Jahren des 1. Jahrhunderts n. Chr., der Ausbau in Stein setzte schon ungefähr zehn Jahre danach ein (Wegert 2016, 33f.). C. Koenens überaus weit verbreiteter Plan von Novaesium dient heute trotz der genannten Einschränkungen weithin als Paradebeispiel für den Grundriss und die Funktionsbereiche eines römischen Legionslagers der Kaiserzeit, so dass er hier ebenfalls als Grundlage der Denkmalbeschreibung dienen soll (Abb. 2; 10 u. 11). Die Innenfläche des Koenenlagers wird deshalb auch in dieser Beschreibung als einheitlich betrachtet. Dies ist möglich, denn offenbar wurden Standorte und Baufluchten der Gebäude und sonstigen Strukturen in allen Bauphasen weitgehend beibehalten (vgl. für das Folgende Müller 1984 sowie Wegert 2016 und Bödecker 2016). Für Gebäudedetails sei jedoch auf die beigefügten Pläne und die Spezialliteratur verwiesen, die über die zitierten Werke leicht erschlossen werden kann. Das spielkartenförmige Lagerareal von 570 x 420 m oder ca. 24 ha Größe war von einer in mehreren Ausbauphasen nachgewiesenen Umwehrung umgeben, die zunächst aus einer Holz-Erde-Mauer, dann aus einer Steinmauer bestand. Vor der Holz-Erde-Mauer lag als Annäherungshindernis wohl nur ein vermutlich 5 m breiter und 2 m tief unter die römische Oberfläche reichender Spitzgraben. Dieser wurde später durch einen Doppelgraben von 8 m Gesamtbreite und 1,7 bzw. 2,3 m Tiefe ersetzt. In der letzten Ausbauphase befand sich vor der Steinmauer ein sehr großer, 12 -13 m breiter Graben, der 3,5 m unter die römische Oberfläche eingetieft war (Müller 1984, 61-63). Koenen beschrieb außerdem eine sich außen entlang des Umfassungsgrabens ziehende Kiesschüttung, die er mit einem weiteren Grabenwall oder einer „Grabenstraße“ in Verbindung brachte (Koenen 1904, 213). Die Umwehrung wies auf jeder Seite ein Tor mit je zwei Tortürmen auf. Dies sind die porta praetoria an der Rheinfront, ihr gegenüberliegend an der rückwärtigen Südseite des Lagers die porta Denkmalliste der Stadt Neuss
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decumana und an den langen Seiten des Lagers die porta principalis dextra und porta principalis sinistra. Weitere Türme sind an den Mauerecken nachgewiesen. Anzunehmen sind weitere Zwischentürme, deren Anzahl auf ungefähr 20 geschätzt werden kann. Das Lager wurde von den beiden Straßen-Hauptachsen unterteilt. Von der porta praetoria führte die via praetoria auf die principia und das dahinterliegende praetorium zu. Hinter diesen Hauptgebäuden verlief im hinteren Lagerbereich in gleicher Flucht die via decumana auf das hintere Lagertor, die porta decumana, zu. Senkrecht dazu verlief vor der Front der principia die via principalis zwischen der porta principalis dextra und der porta principalis sinistra. Diese Straßenführung hat sich bis heute in der Kölner Straße erhalten. Auf der Innenseite der Lagerumwehrung verlief als breite Freifläche die via sagularis. Am Schnittpunkt der via principalis mit der via praetoria lagen die principia, das Verwaltungszentrum des Legionslagers. Der wohl 70 m lange und 73 m lange Gebäudekomplex bestand aus vielen kleinen Räumen an den Seiten eines Innenhofs, die wohl Schreibstuben und Ähnliches beinhalteten. An den Innenhof schlossen sich eine Versammlungshalle und Kulträume sowie Waffenkammern an. Nach Vergleichsfunden und Schriftquellen stand hier eine Statue des Kaisers und die Feldzeichen der Legion sowie die Lagerkasse wurden hier aufbewahrt. Hinter den principia lag das praetorium, das wohl 83 x 81 m große Wohngebäude des legatus legionis, des Legionskommandeurs, der aus senatorischem Adel stammte. Sein Wohnhaus war mit Sicherheit luxuriös ausgestattet und folgte mediterranen Vorbildern. Durch spätere Umbauten in römischer Zeit sind die Grundrisse dieser Lagerhauptgebäude jedoch nur bruchstückhaft erhalten. Im vorderen Bereich des Lagers befanden sich die Häuser der fünf tribuni militum, der Tribunen aus dem Ritterstand. Diese Häuser waren etwa 36 x 38 m groß und als Atriumshäuser mit Innenhof und Eingangshalle ebenfalls in mediterranem Stil erbaut. Die Hauptstraßen wurden von Portiken gesäumt, die als Säulengänge vor der angrenzenden Bebauung lagen und Schutz vor der Witterung boten. Diese sind am besten an der via principalis nachgewiesen. Die Straße selbst war ungefähr 6,40 m breit, die Portiken zu jeder Seite maßen etwa 5 m. In großen Bereichen der via principalis lag hinter den Portiken eine Reihenbebauung aus kleinen Häusern mit einer regelmäßigen Breite von 4,50 m und ungefähr doppelter Länge. Diese werden als kleine Lager, Schreibstuben oder auch Verkaufsläden angesehen. Denkmalliste der Stadt Neuss
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Den größten Teil des Lagers nahmen die Mannschaftsunterkünfte (contubernia) ein, die im vorderen und rückwärtigen Lagerbereich fast ringförmig außen an der via sagularis lagen. Sie spiegeln die Verwaltungsstruktur der römischen Armee wieder: Der Legion gehörten in der Regel 60 Centurien mit jeweils ungefähr 80 Soldaten an. Zwei Centurien, zusammen ein Manipel, waren in langen Baracken mit einem gemeinsamen Mittelgang zusammengefasst. Das Gebäude einer Centurie war einschließlich des Kopfbaus um 75 m lang und 7- 8 m breit. Die eigentliche Soldatenunterkunft von 45 x 8 m Größe war in elf bis zwölf ca. 20 qm große Doppelräume für je acht Soldaten unterteilt, die jeweils ein contubernium, eine „Stubengemeinschaft“, bildeten. Der gemeinsame Mittelgang war an beiden Seiten von Portiken gesäumt. Dem Anführer, dem centurio, stand an der Kopfseite jedes Gebäudes ein Wohnbereich von ca. 26,7 x 23,8 m zur Verfügung, der nach mediterranen Vorbildern mit Innenhof erbaut war. Im vorderen Lagerbereich befanden sich außerdem die kleineren Unterkünfte der auxiliaren Reitereinheiten. Westlich der principia lagen die thermae, das Lagerbad, nach Süden schloss sich das valetudinarium, das Lazarett, an. Auch dieses Gebäude verfügte über eine große Anzahl kleiner Räume von 15 bis 20 qm Größe, die sich in Doppelreihen um einen Innenhof anordneten. Sowohl das Lagerbad wie auch das valetudinarium wurden durch den Bau des jüngeren Auxiliarlagers stark beeinträchtigt. Weitere Gebäude dienten als Werkstätten oder Gemeinschaftsgebäude sowie zu Lagerzwecken. Mit dem Abzug der legio VI victrix spätestens im Jahr 104 n. Chr. wurde das Lagerareal als Legionsstandort, nicht jedoch als Militärstandort aufgegeben. Der darauffolgende Gang der Besiedlung des Lagerareals kann noch nicht detailliert beschrieben werden. Vermutlich blieb das Lager einige Zeit wüst, bevor es planmäßig niedergelegt wurde. In seinem mittleren Bereich wurde im 2. Jahrhundert das viel kleinere, ca. 3 ha bzw. 178 m x 165 m große Auxiliarlager errichtet. Seine Umwehrung und die Innenbauten sind nur bruchstückhaft bekannt (Müller 1984; Bödecker 2016; vgl. Abb. 8). Die Umwehrung bestand nach bisherigen Erkenntnissen aus zwei Spitzgräben mit einer Gesamtbreite von ca. 21 m und einer 1,8 m breiten Tuffschalenmauer. Im gut dokumentierten Bereich in der Nordostecke wurden an der Innenseite Strebepfeiler von 1 m Stärke und im Abstand von 3 bis 4 m aufgefunden, die wohl einen Wehrgang trugen. Von den vier Toren Denkmalliste der Stadt Neuss
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wurden nur kleine Bereiche dokumentiert, die jedoch auf Tortürme von jeweils ungefähr 8 m x 6 m Größe schließen lassen. Das nördliche Tor und das südliche Tor lagen im Verlauf der früheren via praetoria und via decumana, während die seitlichen Tore sich bemerkenswerterweise nicht im Verlauf der vormaligen via principalis befanden, sondern südlich von ihr. Im rheinwärts gelegenen Vorfeld des Auxiliarlagers wurden mit Abbruchmaterial des Legionslagers ein großer Getreidespeicher und eine neue Badeanlage errichtet. Außerdem wurden im vorherigen Siedlungsbereich des Legionslagers Bestattungen angelegt. Auch das Ende des Auxiliarlagers kann bisher nicht genau bestimmt werden, einzelne Funde belegen zumindest die Begehung des Areals noch im 4. Jahrhundert. Grundzüge der Ausbauphasen der Lagerumwehrung des Legionslagers Abfolge und Ausbauphasen der Lagerumwehrung des Legionslagers sind archäologisch noch nicht vollständig geklärt. Ihre Entwicklung kann aber im Licht von neu ausgewerteten Ergebnissen zu den Grabungen Koenens an der porta praetoria und Nachgrabungen des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland dort und an der Lagerumwehrung in den Jahren 1978, 1984 und 1993 heute wesentlich genauer und schlüssiger dargestellt werden. Die bisherigen Ergebnisse (neue Darstellungen von A. Wegert 2016 und 2018; grundlegend Müller 1984) sollen im Folgenden kurz skizziert werden, da sie exemplarisch die Erkenntnismöglichkeiten moderner Ausgrabungstechnik und differenzierter Auswertung der Ergebnisse aufzeigen und ein Licht werfen auf die noch nicht ausgeschöpften Möglichkeiten, den römischen Militärstandort Novaesium zu erforschen (für das Folgende vgl. Abb. 12-17). Die früheste Lagerumwehrung des Legionslagers bestand aus einer sogenannten Holz-Erde-Mauer, d. h. hier aus einem ca. 3,50 breiten Erdwall, der durch Um- und Einbauten aus Holz befestigt wurde. Die Vorderseite war wohl mit Holzflechtwerk verkleidet und mit Lehmbewurf versehen, um eine feuerfeste Mauerfront zu schaffen. Eventuell war dieser Lehmbewurf mit Verputz und Fugenstrich versehen, um eine Steinmauer zu simulieren. Zur Verstärkung des Erdwalls dienten querlaufende Schwellbalken und ein bis 3,50 m hinter die Vorderfront reichendes Holzkastenwerk, das mit der Erde gefüllt wurde, die beim Anlegen des 5 m breiten und 2 m tiefen Wehrgrabens anfiel. Dabei handelte es sich in dieser Phase um einen einfachen Spitzgraben ca. 1,50 m vor der Mauerfront (vgl. Wegert 2018, 73ff.). Denkmalliste der Stadt Neuss
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Auf dem Holzkasten verlief der Wehrgang, der somit so breit war, dass zwei Soldaten aneinander vorbeilaufen konnten. Von dieser Holzbauphase wurden außerdem Spuren eines 3,50 breiten Holzturmes, der in den Mauerkörper eingebunden war, gefunden sowie vor allem die Reste der Holzbauphase der porta praetoria. Dabei handelte es sich um eine L-förmige, 26 m breite Toranlage, die von Pfosten, die in rechteckigen, 60 cm breiten Pfostengruben standen, getragen wurde. Die Tordurchfahrt wurde von einer mittleren Pfostenstellung unterteilt, sodass jede Durchfahrt 3,40 m breit war. In der Regel werden für diese Phase Mauerhöhen von 4 m angenommen. Der Ausbau des Lagers in Stein begann nach neuen Erkenntnissen schon in den letzten Regierungsjahren des Kaisers Claudius (41-54 n. Chr.). Dies belegt die neue Lesung einer Bauinschrift an dem steinernen Torbau der porta praetoria, die um 47 n. Chr. oder etwas später zu datieren ist: [TI(berio)] CL[AVDI]O D[RVSI F(ilio) CAES(are) AVG(vsto)] [GERM(anico) PON]T(ifice)] M[AX(imo) TRIB(unicia) POT(estate)] Dem Tiberius Claudius Caesar Augustus Germanicus, Sohn des Drusus, Pontifex Maximus, Inhaber der tribunizischen Gewalt… (zit. nach Pause/Wegert, 2018, 27; vgl. Wegert, 2018, 76 mit Abb. 91 u. Bechert 1971, 212ff.). Die porta praetoria stand nun auf Mauerfundamenten von 1,80 m Breite. Gesimsblöcke aus Muschelkalk belegen die aufwendige Gestaltung des Tores, das durch Vergleich mit anderen römischen Lagertoren mit 21 bis 25 m Höhe rekonstruiert werden kann. Das Tor mit der Tordurchfahrt behielt fast die gleiche Breite wie das frühere Holztor und wurde von zwei 9 m breiten Seitentürmen flankiert. Zur gleichen Zeit wurde vermutlich auch mit dem Ausbau in Stein der übrigen Tore und der Umwehrung sowie der Innenbebauung begonnen. Die Holz-Erde-Mauer wurde mindestens teilweise mit einer Front aus einer 1,20 m breiten Steinmauer versehen, die auf 4,15–4,80 m Höhe rekonstruiert werden kann. Die letzte Umbauphase fand wahrscheinlich nach dem Bataveraufstand statt. Da aber sowohl nach archäologischem Befund wie auch nach historischer Überlieferung im Bataveraufstand das Neusser Lager entgegen älteren Auffassungen nicht zerstört wurde, müssen andere Gründe für diesen Ausbau herangezogen werden. Es könnte sich um Denkmalliste der Stadt Neuss
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einfache Instandsetzungsarbeiten handeln, die nach langen Jahren der Nutzung notwendig wurden. Dies führt A. Wegert am Beispiel des Holzkastenwerks der Lagerumwehrung aus (Wegert 2018, 78). So könnte auch ein sukzessiver und nicht alle Lagerareale gleichzeitig umfassender Ausbau besser erklärt werden. Die Steinfront der Lagerumwehrung wurde demnach im untersuchten Bereich nur an einigen Stellen ausgebessert und das Holzkastenwerk der Holz-Erde-Konstruktion durch einen Erdwall hinter der Mauer ersetzt, der zur Stabilisierung mit Rasensoden bedeckt und wahrscheinlich weiterhin ca. 3 m breit war. In diese Zeit, dem letzten Drittel des 1. Jahrhunderts, muss auch die jüngste Bauphase der porta praetoria fallen, von der nur Reste der Fundamentgräben und wenige Bauspuren gefunden wurden. C. Koenen dokumentierte hier ein Tor mit oktogonalen Tortürmen und halbrunden Torwangen, von denen auch G. Müller bei Nachgrabungen im Jahr 1978 noch Reste feststellte. Die Anlage war nun mit 29,5 m Breite und 12 m Tiefe größer als die Vorgängerbauten. Tore dieser Form sind nach A. Wegert bisher nur aus Städten bekannt, wie z. B. wie Fréjus in Frankreich oder Tipasa in Algerien, und für Legionslager bisher einzigartig. (Wegert 2018, 79) Literatur Bechert, Tilmann, Römische Lagertore und ihre Bauinschriften. Ein Beitrag zur Entwicklung und Datierung kaiserzeitlicher Lagertorgrundrisse von Claudius bis Severus Alexander. Bonner Jahrbücher 171, 1971, 201-277. Bödecker, Steve, Koenenlager digital: Befundkataster zum Legionslager von Neuss. Der Limes 5/1, 2011, 4-7. Bödecker, Steve, Novaesium im 2. und 3. Jahrhundert: Das Alenlager. In: Carl Pause (Hg.), Der Limes in Novaesium. Vom Leben an der römischen Grenze (Neuss 2016) 44-46. Chantraine, Heinrich, Michael Gechter, Heinz-Günter Horn, Karl-Heinz Knörzer, Gustav Müller, Christoph B. Rüger und Max Tauch, Das römische Neuss (Stuttgart 1984). Fischer, Thomas, Die Armee der Caesaren. Archäologie und Geschichte (Regensburg 2012). Gechter, Michael, Der römische Militärplatz Neuss (Novaesium). In: Gabriele Uelsberg (Hg.), Krieg und Frieden. Kelten, Römer, Germanen (Bonn 2007) 207-213. Horn, Heinz Günter (Hg.), Die Römer in Nordrhein-Westfalen (Stuttgart 1987), Stichwort Neuss, 580-591. Denkmalliste der Stadt Neuss
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Koenen, Constantin, Beschreibung von Novaesium. Bonner Jahrbücher 111/112, 1904, 97–242. Digitalisat: https://journals.ub.uniheidelberg.de/index.php/bjb/index [Zugriff am 04.09.2020]. Müller, Gustav, Die militärischen Anlagen und die Siedlungen von Novaesium. In: Chantraine u. a. (1984) 53-94. Müller, Gustav, Stichwort Neuss – Militärlager. In: Horn (Hg.) 1987, 580-586. Pause, Carl, Heydenkeller und Alterthümer. Frühe archäologische Entdeckungen und die Anfänge des Museumswesens in Neuss. In: Carl Pause (Hg.), Jäger der verlorenen Geschichte (Neuss 2012). Pause, Carl (Hg.), Der Limes in Novaesium. Vom Leben an der römischen Grenze (Neuss 2016). Pause, Carl (Hg.), Römer zum Anfassen. Mythos und Fakten (Neuss 2018). Pause, Carl und Andreas Wegert, Römische Ziegelstempel und die Baugeschichte der Militärlager von Novaesium. Novaesium, Neusser Jahrbuch für Kunst, Kultur und Geschichte 2018, 23-25. Rüger, Christoph B., Eine kleine Garnisonsgeschichte des römischen Neuss. In: Chantraine u.a. (1984) 9-48. Wegert, Andreas, Der Standort Novaesium von tiberischer Zeit bis zum Beginn des 2. Jahrhunderts: Das „Koenenlager“. In: Pause (Hg.) 2016, 30-43. Wegert, Andreas, Die Rekonstruktion der Porta praetoria des Neusser Legionslagers. In: Pause 2018 (Hg.), 30-43. Erhaltung und Befunderwartung Die Ausgrabungen C. Koenens umfassten große Bereiche des Lagers, beließen aber auch große Areale im Boden. So beruht der scheinbar vollständige Lagerplan von 1904 in großen Teilen auf Ergänzungen Koenens. Außerdem legte Koenen seine Grabungsflächen in der Regel entlang der Mauern an und beließ oft die flächigen Befunde im Boden. Moderne Nachgrabungen haben gezeigt, dass auch in den Flächen, die von Koenen als ausgegraben bezeichnet wurden, die Befunde nicht vollständig in der Fläche und in der Tiefe erfasst wurden, sondern dass neben den ausgegrabenen Flächen und unter der Eingriffstiefe Koenens noch Befunde in situ erhalten sind (vgl. z. B. die unten genannten Ausgrabungen der Bodendenkmalpflege Neuss). Denkmalliste der Stadt Neuss
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So ist der Lagerbereich nur in den heute von modernen Kellern eingenommenen Bereichen tiefgründig gestört und die überwiegende Fläche, ca. 80 % der Gesamtfläche, des Bodendenkmals, birgt noch ungestörte archäologische Substanz (Abb. 18). Römische Schichten und Befunde sind im Bereich des Bodendenkmals direkt unter dem Oberboden anzutreffen. So muss jeweils unmittelbar unter dem Humus in Garten- und Grünbereichen und direkt unter dem Aufbau von Straßen, Gehwegen, Plattierungen und Ähnlichem mit römischen Befunden gerechnet werden. Auch im Bereich von in der Vergangenheit erfolgten Bodeneingriffen wie z. B. Kellereintiefungen muss unmittelbar neben und unter den zerstörten Bereichen mit intakter archäologischer Substanz gerechnet werden. Die römischen Fundamente, Schichten und Befunde reichen oft bis ca. 2 m in den Boden und Befundtiefen von 2,70 m und mehr unter Geländeoberkante sind nicht selten nachgewiesen. Aus den Ortsakten der Städtischen Bodendenkmalpflege Neuss seien hier beispielhaft die Tiefen des Estrichbodens des Lagerbades im Flurstück 105 bis 2,87 m unter Geländeoberkante (NE_2011_008) und eines Tuffbodens bis 2,42 m unter Geländeoberkante auf Flurstück 596 (NE_2014_001) genannt sowie ein Brunnen auf Flurstück 447, dessen Unterkante bei 2,90 m unter Geländeoberkante noch nicht erreicht war (NE_2011_006). Es müssen u.a. folgende Befunde mit den in ihnen enthaltenen Funden erwartet werden: a) Teile von aufgehendem Mauerwerk und Architekturresten u. a. aus Tuff-, Kalk- oder Sandstein oder Ziegeln, Reste von Gussmauern für eine Vielzahl von unterschiedlichen Gebäuden und Bauwerken, u. a. auch die Umwehrungsmauern und Toranlagen; b) Fundamentierungen für Mauern aller Art, z. B. Steinpackungen, Ziegelbruch oder Schieferpackungen; c) Reste von sonstigen Bauwerken wie Brunnen, Wasserleitungen und Abwässerkanäle; d) Fußböden von Bauwerken z. B. aus Ziegeln, Estrich oder Stampflehm; e) Reste der Holzbebauung z. B. in Form von Pfostenlöchern, Pfostengräbchen und Schwellbalken; f) sonstige Siedlungsreste z. B. in Form von Gruben und Gräben aller Art, u. a. die Umwehrungsgräben; g) Reste der römischen Straßen mit den Aufbauschichten des Straßenkörpers, der Deckschicht und den begleitenden Gräben; h) Planier- und Kulturschichten aller Art; Denkmalliste der Stadt Neuss
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i) sowie Brand- und Körpergräber der gesamten Zeit der römischen Präsenz sowie Reste von Grabbauten. j) Außerdem müssen im Boden erhaltene Relikte der vorrömischen Epochen, hier besonders Reste einer einheimischen späteisenzeitlichen Besiedlung sowie der nachrömischen Epochen, hier besonders der frühfränkischen Besiedlung, erwartet werden. Schutzbereich: Der Schutzbereich dieses Bodendenkmals umfasst das Areal des Legionslagers und des Auxiliarlagers sowie die Umwehrungen mit allen Strukturen, Mauern, Wällen, Gräben und Toranlagen (Abb.1). Das eingetragene Bodendenkmal beinhaltet die in der im Anhang S. 17 aufgeführten Liste angegebenen Flurstücke und Teile von Flurstücken, unabhängig davon, ob dort schon Zerstörungen oder Ausgrabungen vorliegen. Grundlage der Bestimmung des Schutzbereichs ist der Plan der beiden römischen Lager, der von Constantin Koenen 1904 in den Bonner Jahrbüchern publiziert wurde. Dieser wurde auf das heutige Kataster projiziert. Bei der Überprüfung dieses Gesamtplans und seiner Abgleichung mit den einzelnen Planzeichnungen Koenens wurde festgestellt, dass die Abmessungen der von Koenen vorgelegten Pläne nicht immer konsistent sind. So ist damit zu rechnen, dass der KoenenPlan nicht parzellenscharf in das heutige Kataster übernommen werden kann. Zur Sicherstellung, dass das gesamte Bodendenkmal erfasst wird, umfasst der Schutzbereich eine Fläche, die diese Ungenauigkeit kompensiert. An der Erhaltung des ortsfesten Bodendenkmals „Römisches Legionslager Novaesium und Auxiliarlager“ besteht ein öffentliches Interesse. Es ist bedeutend für die Geschichte des Menschen, die Geschichte von Neuss sowie für die Region Niederrhein. Die Funde und Befunde besitzen eine herausragende Bedeutung für die Geschichte der militärischen Lager und für das Leben und Handeln der in ihnen wohnenden und arbeitenden Menschen. Die Lager repräsentieren einen herausragenden Teil der römischen Grenzbefestigung am niedergermanischen Limes in der Zeit des 1. Jahrhunderts und belegen in deutlicher Weise die Umstrukturierung der römischen Grenzverteidigung seit dem 2. Jahrhundert n. Chr. Darüber hinaus ist das Legionslager Novaesium als „Koenenlager“ in die römische Militärgeschichte eingegangen. Denkmalliste der Stadt Neuss
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Begründung der Denkmaleigenschaft Die epochalen Grabungen erbrachten erstmals den weitgehend vollständigen Grundriss eines Legionslagers, der bis heute die internationale Fachliteratur bestimmt und die Vorstellungen von dem Erscheinungsbild eines römischen Legionslagers prägt. Für die Erhaltung des Bodendenkmals sprechen vorwiegend wissenschaftliche Gründe, da in den archäologischen Relikten wertvolle und bedeutende Informationen zur Geschichte und Nutzung der Militärlager, aber auch darüber hinaus zum sozialen und wirtschaftlichen Einfluss auf die Region und das Umland erhalten sind. Die im Boden erhaltenen archäologischen Relikte der beiden Lager vermitteln Aufschlüsse über die sozialen, wirtschaftlichen und technischen Möglichkeiten der römischen Legions- und Auxiliarlager. Die Struktur des Aufbaus des römischen Legionslagers mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Gebäuden und Funktionsbereichen, ihre Um- und Ausbauphasen mit entsprechender Bauweise, die Anlage, der Um- und Ausbau der Lagerumwehrung sind in einzigartig vollständiger Weise an dem hier eingetragenen Bodendenkmal zu erforschen. Auch die Umstrukturierung zu einem kleineren Auxiliarlager kann an den Relikten von Novaesium in einzigartiger Weise erforscht werden, so z. B. die Verlagerung der Lagerhauptstraße sowie von Einrichtungen wie den Thermen und Speichergebäuden. Anhand der gut erhaltenen Befunde und Funde können wirtschafts-, sozial- und kulturhistorische Fragen einer Beantwortung nähergebracht werden: z. B. sind Themenbereiche wie Organisation des Alltags und des Militärbetriebs durch eine Bearbeitung der archäologischen Funde und Befunde zugänglich. Hier stellen sich Fragen z. B. zur Herkunft und zum Verbleib der Soldaten, der Interaktion mit den Bewohnern des Umlandes, der Lebenssituation in den Contubernien, der Versorgung mit Nahrungsmitteln, Baustoffen und sonstigen Gütern. Denkmalliste der Stadt Neuss
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Tag der Eintragung Der Bürgermeister Im Auftrag Lageplan: Ausschnitt aus dem Kataster. Der Schutzbereich ist rot umrandet. Denkmalliste der Stadt Neuss Teil B - Bodendenkmäler Lfd. Nr. 04/06 Seite 16
Anhang – Lagekennzeichnung des Denkmals
Neuss-Gnadental, Gemarkung Neuss, Flur 21, Flurstücke (teilweise betroffene Flurstücke sind mit * gekennzeichnet)
- 66, *74, 77, *79, 80, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 99, 100, 101, 102, 103, 106, 121, 129, 139,
140, 141, 144, *225, *227, 230, 232, *238, *264, *272, *287, 288, *292, 293, *405, *406, 408, 409, 410, 411, 412, 413, 414, 415, 416, 417, 420, 421, 428, 429, 446, 447, 449, 450, 451, 456, 457, 458, 459, 460, 461, 462, *463, *571, 579, 580, 585, 589, 590, 592, 593, 594, 595, 597, 604, 606, 641, 642, *655, 676, *963, 965, 971, 974, 979, 980, 1054, 1055, *1071, *1072, *1074, 1117, 1121, 1122, 1123, 1159, 1160, 1161, 1207, 1208, 1211, 1212, 1213, 1215, 1216, 1217, 1219, 1221, 1278, 1279, 1280, 1474, 1476, 1477, 1486, 1487, 1519, *1521, 1553, 1554, 1590, *1637, *1638, *1639, *1640, *1641, 1642, 1644, 1645, 1649, 1650, 1652, 1654, *1659, *1669, *1670, 1674, 1675, 1676, 1677, 1678, 1681, 1687, 1688, 1689, 1690, 1697, 1698, 1699, 1700, 1701, 1706, 1707, 1708, 1717, 1718, 1727, 1728, 1731, 1732, 1733, 1734, 1741, 1742, 1743, 1744, 1746, 1751, 1756, 1767, 1776, 1797, 1800, 1807, 1808, 1811, 1812, 1826, 1827, 1828, 1829, 1830, 1831, 1832, 1833, 1834, 1835, 1836, 1837, 1838, 1839, 1840, 1841, 1842, *1864, 1874, 1875, 1886, 1889, 1893, 1894, 1895, 1896, 1900, *1905, *1906, 1907, 1908, 1916, 1917, 1918, 1919, 1920, 1921, 1922, 1923, 1933, 1934, 1948, 1949, 1952, 1953, 1954, 1955, 1990, 1992, 1993, 1994, 1995, *2008, *2009, *2010, 2011, 2012, 2027, 2037, 2112, 2113, 2118, 2119, 2120, 2121, 2122, 2123, 2124, 2125, 2200, *2215, 2218, *2219, 2224, 2232, 2251, 2252, 2255, 2273, 2278, 2279, 2282, 2283, 2284, *2289, *2292, *2295, 2328, 2330, 2332,
- 2361, *2362, 2404, 2406, 2408, 2416, 2418, 2419, 2422, 2424, 2425, 2429, 2431, 2435, 2447, 2448, 2449,
2450, *2453, 2467, 2468, 2469, 2470, *2482, *2483, 2497, *2520, *2524, 2578, *2581, *2585, 2586, 2587, 2588, 2589, 2614, 2630, 2631, *2670, 2737, 2738, 2739, 2740, 2753, 2805, 2806, 2822, 2826, 2827, 2828, 2835, 2841, 2842, 2843, 2844, 2872, 2873, 2898, *2900, 2911, 2926, 2927, 2928, 2929, 2930, 2931, 2932, 2933, 2934, 2935, 2936, 2937, 2938, 2939, 2940, 2941, *2984, 2986, 2987, 2994, 2996, 3000, 3002, 3003, 3024, 3026, 3047, 3048, 3049, 3050, 3070, 3072, 3073, 3080, 3087, 3088, 3100, 3111, 3112, *3195, *3198, 3199, 3221, 3222, 3239, 3240, *3262, *3263, 3264, 3265, 3303, 3304, 3307, 3308, 3312, 3313, *3316, 3317, 3318, 3321, *3325, *3344, *3372, *3377, 3380, 3381, 3382, 3385, *3387, 3400, 3401, 3412, 3413, 3414, 3415, 3417, 3430, 3434, 3435, 3436, 3437, 3438, 3440, 3441, 3442, 3443, 3446, 3447, 3448, 3449, 3451, 3452, 3453, 3454, 3455, 3456, 3457, 3459, 3460, 3461, 3463, 3464, 3465, 3466, 3467, 3468, 3469, 3470, 3471, *3481, *3492, *3493, 3494, 3495, 3496, *3511, 3517, 3521, 3522, 3523, 3524, 3525, 3526, 3527, 3542, 3543, 3544, 3545, 3547, 3552, *3559, 3560, *3561, *3562, *3563, 3579, 3587, 3588, 3595, 3596, 3597, 3598, *3599, 3600, *3602, 3606, 3607, 3608, 3609, 3610, 3614, 3615, 3616, 3617, 3628, 3630, 3632, 3633, *3642, 3644, 3651, 3666, 3667, *3680, *3681, 3688, 3689, 3690, 3691, 3692, 3693, 3694, 3695, 3696, 3698, 3699, 3700, 3701, 3702, 3703, 3738, 3739, *3751, *3752, 3754, 3755, *3756, *3761, 3767, 3769, 3771, 3779, 3798, 3799, 3800, *3837, *3838, 3839, 3840 Denkmalliste der Stadt Neuss Teil B - Bodendenkmäler Lfd. Nr. 04/06 Seite 17 Denkmalliste der Stadt Neuss Teil B - Bodendenkmäler Anhang Lfd. Nr. 04/06 Seite 18 Abb. 01: Schutzbereich des Bodendenkmal „Römisches Legionslager Novaesium und römisches Auxiliarlager“ (Stadt Neuss) Denkmalliste der Stadt Neuss Teil B - Bodendenkmäler Anhang Lfd. Nr. 04/06 Seite 19 Abb. 02: Historischer Plan des römischen Legionslagers Novaesium mit dem Auxiliarlager von Constantin Koenen (Koenen 1904, Taf. II) Denkmalliste der Stadt Neuss Teil B - Bodendenkmäler Anhang Lfd. Nr. 04/06 Seite 20 Abb. 03: Historische Befundfotos der Ausgrabungen C. Koenens im Legionslager Novaesium (Koenen 1904, Taf. XIC) Denkmalliste der Stadt Neuss Teil B - Bodendenkmäler Anhang Lfd. Nr. 04/06 Seite 21 Abb. 04: Constantin Koenen und seine Neusser Grabungsmannschaft im Jahr 1891 (Foto: LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland) Abb. 05: Handkolorierte Zeichnung des Profils des Lagergrabens aus der Dokumentation C. Koenens (LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland) Denkmalliste der Stadt Neuss Teil B - Bodendenkmäler Anhang Lfd. Nr. 04/06 Seite 22 ������
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������ �� ��� � �� ��� Abb. 06: Plan des Legionslagers und des Auxiliarlagers nach Constantin Koenen 1904 mit ergrabenen und ergänzten Befunden (Steve Bödecker, Sebastian Held/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland) ������
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������ �� ��� � �� ��� ���� Denkmalliste der Stadt Neuss Teil B - Bodendenkmäler Anhang Lfd. Nr. 04/06 Seite 23 des Auxiliarlagers mit Vicusbebauung und Grabfunden, Zustand 2.-4. n. Chr. (Steve Bödecker, Sebastian Held/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland) ������
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������ �� ��� � �� �Abb. 07: Plan des Legionslagers nach Constantin Konenen 1904, Zustand ungefähr 2. Hälfte 2. Jh. n. Chr. (Steve Bödecker, Sebastian Held/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland) Denkmalliste der Stadt Neuss Teil B - Bodendenkmäler Anhang Lfd. Nr. 04/06 Seite 24 Abb. 9: Plan des Speichergebäudes 53 mit Holz- und Steinbauphase (Umzeichnung: Andreas Wegert, Ohne Maßstab) Denkmalliste der Stadt Neuss Teil B - Bodendenkmäler Anhang Lfd. Nr. 04/06 Seite 25 Abb. 10: Funktionsbereiche des Legionslagers (Umzeichnung: Andreas Wegert) Denkmalliste der Stadt Neuss Teil B - Bodendenkmäler Anhang Lfd. Nr. 04/06 Seite 26 Abb. 11: Rekonstruktion des Legionslagers Novaesium aus dem Jahre 2003 (Dietrich Rothacher) Denkmalliste der Stadt Neuss Teil B - Bodendenkmäler Anhang Lfd. Nr. 04/06 Seite 27 Abb. 12: Plan der Ausgrabungsbefunde an der Nordumwehrung (Grabung 1984) (Umzeichnung Andreas Wegert) Abb. 13: Rekonstruktion der Holz-ErdeMauer des Legionslagers (Andreas Wegert) Abb. 14: Rekonstruktion der Stein-Mauer des Legionslagers (Andreas Wegert) Denkmalliste der Stadt Neuss Teil B - Bodendenkmäler Anhang Lfd. Nr. 04/06 Seite 28 Abb. 17: Rekonstruktion des ersten Steintors an der porta praetoria des Legionslagers (Andreas Wegert) Abb. 16: Rekonstruktion des Holztors an der porta praetoria des Legionslagers (Andreas Wegert) Abb. 15: Die drei Bauphasen der porta praetoria (Umzeichnung Andreas Wegert) Denkmalliste der Stadt Neuss Teil B - Bodendenkmäler Anhang Lfd. Nr. 04/06 Seite 29 Abb. 18: Überbauung des Bodendenkmals im Jahr 2011 (Steve Bödecker)